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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

15. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide 2011

Etwas andere Helden der Herzen

Beim Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide gewannen drei Filme über eigentümliche Helden.


Hart ist die Arbeit der Herzen, nicht nur im hiesigen Filmschaffen, das beim 15. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide die etwas anderen Helden der Herzen zeigte, auch in Nils Strüvens Kurzfilm „Heartwork“, der schon vom Titel her damit spielt. Die Jury aus den drei Preisträgern der Augenweide 2010, Bartosz Werner, Christian Mertens und Rainer Komers, verlieh ihm den mit 2.000 Euro dotierten und von der Pumpe gestifteten Preis für den besten Spielfilm. „Da hat jemand den expressionistischen Stummfilm studiert und ihn in die heutige Welt gebracht: in die Clubs und Straßen des nächtlichen Berlins“, lobte die Jury die „Choreografie der Gefühle“ des neunminütigen Streifens, in dem eine junge Frau an ihrer Coolness vor den neon-kühlen Tresen von Clubs und Bars fast zerbricht, bis ihr in Herzkostüme gekleidete „Engel“ den Weg zu ihrem eigenen Herzen und damit aus der Einsamkeit weisen.


An welcher Stelle und für wen oder was sein Herz schlägt, wusste auch der in der DDR einst gefeierte Schriftsteller Paul Gratzik nicht immer so genau. Er wurde zum Stasi-Spitzel und damit Denunzianten, enttarnte sich aber bereits 1980 selbst und fühlte sich fortan als „Vaterlandsverräter“, so auch der Titel von Annekatrin Hendels sensiblem Porträt des etwas bärbeißigen Dichters, der in ihrem abendfüllenden Dokumentarfilm vor sich selbst und einem schwierigen Kapitel deutscher Geschichte Rechenschaft ablegt, so gut das eben gehen kann. „Ein gründlich recherchierter Film über eine Welt, die traumatisiert und gespalten ist und bis heute nachwirkt“, urteilte die Jury und dekorierte den Film mit der einen Hälfte des Dokumentarfilmpreises in Höhe von 1.000 Euro, gestiftet vom Verein Kulturelle Filmförderung S.-H.

Ex aequo mit einem weiteren Dokumentarfilmporträt, dem 24-minütigen „Rancho Texas“ von Justus Pasternak und Pencil Quincy. Die beiden, schon seit der Jugend „dem Fetisch Charles Bronson verfallen“, setzen ihrem 2003 verstorbenen Action-Filmidol ein augenzwinkerndes Denkmal in Gestalt Robert Kovacs’. Der Spanier sieht Bronson zum Verwechseln ähnlich, verdient sein Brot als dessen Double bei Westernpartys für Touristen auf der Insel Lanzarote und ist ansonsten ein Held des Alltags, der sich im Zoo des Freizeitparks liebevoll um die Tiere kümmert, bevor er abends zum Cowboy mutiert. „Ein Film ohne Worte, der mit amerikanischen Kinommythen und der Banalität eines Touristenalltags spielt. Wir nennen ihn Paella-Western“, freute sich die Jury wie das Publikum über diese Doku, die bewusst auch mit dem Fiktionalen von Leinwandhelden spielt. (jm)

Die Jurybegründungen im Wortlaut


Bester szenischer Film
Heartwork (Nils Strüven)
Preisgeld 2000 €
Da hat jemand den expressionistischen Stummfilm studiert und ihn in die heutige Welt gebracht: in die Clubs und Straßen des nächtlichen Berlins. Zur Musik von Anders Trentemøller inszeniert der Regisseur eine Choreografie der Gefühle einer Frau, die an ihrer Coolness fast zerbricht. Doch ihr Herz gibt ihr einen Hinweis, wo die Liebe liegt.

Bester langer Dokumentarfilm
Vaterlandsverräter (Annekatrin Hendel)
Preisgeld 1000 €
Ein gründlich recherchierter Film über Verantwortung und deutsche Geschichte in Gestalt eines „Denunzianten“, dessen Motive letztlich im Dunkeln bleiben. Uns wird eine in den Medien sonst nie gezeigte Erinnerungswelt der DDR-Künstler geschildert. Eine Welt, die traumatisiert und gespalten ist und bis heute nachwirkt.

Bester kurzer Dokumentarfilm
Rancho Texas (Justus Pasternak / Pencil Quincy)
Preisgeld 1000 €
Diese Filmemacher haben einen Arsch in der Hose: Sie erzählen uns eine Geschichte über den ehemaligen Actionstar Charles Bronson in Gestalt eines Doppelgängers. Ein Film ohne Worte, der mit amerikanischen Kinommythen und der Banalität eines Touristenalltags spielt. Wir nennen ihn Paella-Western.